BelleVue Ort für Fotografie
 

Morgennebel
Fotografie-Ausstellung von Marco Frauchiger und Roland Schmid

12. November – 10. Dezember 2023

Wie sprechen über Krieg in Zeiten des Krieges? Soll oder darf man das: Bilder zeigen aus vergangenen Kriegen angesichts der Überwältigung durch Bilder aus den gegenwärtigen Kriegen? Aber die Zeit des Krieges ist nicht heute, nicht damals: Krieg ist immer – oder immer wieder, und er bleibt: Er prägt die Erinnerung und das Handeln; er hinterlässt seine Spuren in der Landschaft und in den Körpern der Menschen, die einen Umgang finden müssen mit seinen Konsequenzen – über Generationen hinweg.
Die Ausstellung des Berner Fotografen und Künstlers Marco Frauchiger und des Basler Fotografen Roland Schmid vereint zwei Sichtweisen auf die bis heute in den betroffenen Ländern erleb- und sichtbaren Auswirkungen des von 1955 bis 1975 dauernden Vietnamkrieges.

Um die Versorgungsrouten für den Vietcong in Laos zu zerstören, warf der US-Geheimdienst in einem geheimen Krieg über zwei Millionen Tonnen Bomben über dem Land ab; das sind mehr als alle eingesetzten Bomben im Zweiten Weltkrieg zusammen. In der Ausstellung sind Bilder zu sehen, die der Werkreihe «How to dismantle a bomb» entstammen, einem Langzeitprojekt, in dem Frauchiger zeigt, wie die Bevölkerung in Laos mit dem Erbe dieses Krieges umgeht. Die Arbeiten, entstanden in Zusammenarbeit und im Dialog mit den Menschen vor Ort, offenbaren eine künstlerische Strategie, die gängige Erzählweisen fotografischer Bilder und das Wirklichkeitsversprechen der Kriegsberichterstattung hinterfragt.

Seit Ende der 90er-Jahre bereist Roland Schmid auf Einladung des Schweizer Journalisten Peter Jaeggi Vietnam. In seinen Bildreihen thematisiert Schmid die Folgen des massiven Einsatzes von Herbiziden, v. a. von Agent Orange, durch die USA und ihre Verbündeten während des Krieges. Auch fast 50 Jahre danach finden sich noch Spuren des in Agent Orange enthaltenen Dioxins in der Nahrungskette; ebenso verheerend wirkt sich die Vererbung des durch Agent Orange geschädigten Genoms von einem Elternteil auf nachfolgende Generationen aus. Beides hat zur Folge, dass bis heute in Vietnam Kinder geboren werden, die unter Krankheiten und schweren Missbildungen leiden. Roland Schmids dokumentarischen Bildern inhärent ist eine aufklärerische Absicht, die aber auch immer – dies ganz in der Tradition einer «humanistischen» Fotografie – auf die Würde des Menschen abzielt.

Führungen und Veranstaltungen

 

Am Donnerstag, 29. November, organisierte das BelleVue ein Gespräch mit den Ausstellenden Roland Schmid und Marco Frauchiger.


Grossen Raum nahmen dabei die zeitgeschichtlichen Hintergründe und das Hinweisen auf die Auswirkungen des Vietnamkrieges auf die heutigen Gesellschaften in den betroffenen Ländern ein. Wichtig war beiden Ausstellenden, die Aktualität der Ausstellung zu betonen: Dass Kriege immer bleiben und ihre (schmerz-haften) Spuren hinterlassen in den versehrten Ländern und ihren Bevölkerungen.


Kurz gingen Frauchiger und Schmid auch auf ihre doch sehr verschiedenen fotografisch-künstlerischen Strategien ein: Hier Marco Frauchiger, dessen Arbeiten in Zusammenarbeit und im Dialog mit den Menschen vor Ort entstanden sind; dort Roland Schmids Arbeiten, die ganz der (foto)journalsitischen Reportage und der Tradition der «humanistischen» Fotografie verpflichtet sind.


Thomas Fink