Zur Doppelausstellung «uebersehen»
Der Fotograf Kurt Caviezel
Ich fotografiere die Welt mit öffentlich zugänglichen Netcams. Diese Kameras lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen: in jene, die in die Öffentlichkeit blicken, und in solche, die Privates zeigen. Ich sammle prinzipiell alles. Ungefähr 3 Millionen Bilder habe ich in den letzen 14 Jahren auf meine Festplatten gespeichert, per download oder Screenshot. Täglich kommen neue hinzu. Circa 10 000 Bookmarks ermöglichen mir den Zugang zu Kameras auf allen Kontinenten.
Die Fülle an Motiven ist enorm. Sämtliche Genres der klassischen Fotografie sind präsent. Darüber hinaus lassen sich Szenerien fotografieren, die man mit einer eigenen Kamera nicht machen kann.
Die Serien «Animals» und «Insight» zeigen Bilder, die eigentlich im «Programm» der Kameras nicht Vorgesehen sind. Insekten krabbeln über die Linsen oder fliegen vorbei, Spinnen spannen ihre Netze davor, Vögel lassen sich nieder, Jalousien oder Tropfen verstellen den Blick. Um diese Bilder zu fotografieren, muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort (resp. an der richtigen Webcam) sein. Der Faktor Zeit spielt auch in diese Bilder hinein.
Diese unvorhersehbaren Bilder interessieren mich. Plötzlich schiebt sich da ein Element in den Vordergrund, welches nicht den Intentionen der Webcam-Betreiber entspricht, und verändert den Kontext des Bildes auf brisante Weise.
Die «Animals»-Serie funktioniert – unter anderem – ein wenig wie ein Rorschach-Test. Man kann etwas Bedrohliches darin sehen, oder auch amüsiert sein.
Kurt Caviezel
Kurt Caviezel, geb. 1964 in Chur,
lebt und arbeitet in Zürich.
Der Medienkünstler fotografiert die Welt ausschliesslich mittels öffentlich zugänglicher Netzkameras. In der Schweiz zeigte er seine Arbeiten in Einzelausstellungen in der Fotostiftung Schweiz in Winterthur, dem Centre de la Photographie in Genf, dem Bündner Kunstmuseum in Chur sowie in zahlreichen weiteren Ausstellungen. International führte ihn seine Ausstellungstätigkeit nach Asien, Europa und Amerika.